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Wie ich bisher meine 30er erlebe – ein geordnetes Chaos

Als ich vor bald 2 Jahren meinen 30. Geburtstag feiern durfte war ich stolz. Stolz darauf die 20er endlich hinter mir zu lassen und voller Zuversicht in die 30er zu starten. Ich hörte immer wieder Leute erzählen, wie toll die 30er sind und ich kann dies nur bestätigen! Man steht mit beiden Beinen im Leben und fühlt sich dennoch jugendlich frei & leicht. So geht es mir zumindest. Am liebsten würde ich ja jeden Tag auf meine 30er anstossen, weil ich sie so toll finde. ;-)


Nun, mit bald 32 fühle ich mich zum ersten Mal so selbstbewusst und angekommen in meinem Leben wie noch nie zuvor. Ich kenne meinen Wert, ich weiss wer & was ich bin, ich weiss (mal mehr, mal weniger) was ich möchte und ziemlich genau, was ich eben nicht möchte... Oder weiss ich es eben doch nicht so genau?


Ich befinde mich gerade in einer Phase meines Lebens, in der ich mich neu erfinde. Das ist zwar sehr toll & aufregend, aber gleichzeitig auch sehr energieraubend. Ich versuche mich zu verwirklichen, die Privilegien der Zeit in der ich lebe dankend anzunehmen und zu nutzen, um mich weiterzubilden, mich privat & beruflich so zu entwickeln, wie ich es gerne möchte. Dies ist gar nicht so einfach, wenn man eine Person ist wie ich, die sich für so viele Dinge im Leben gleichzeitig interessiert :-)


An manchen Tagen fühle ich mich erwachsen, stark und voller Selbstvertrauen. An anderen Tagen hingegen habe ich das Gefühl mein Leben ist ein einziges Chaos und ich selbst bin völlig verloren darin. Ich weiss nicht, ob dieses Gefühl normal ist. Ob man überhaupt irgendwann das Gefühl hat, das Leben im Griff zu haben. Ich bin ja eher der Annahme, dass nicht wir unser Leben im Griff haben, sondern das Leben uns fest im Griff hat. Sobald wir versuchen, die Zügel des Lebens zu sehr in unseren Händen zu halten, entgleiten sie uns sowieso.


Daher bin ich mittlerweile auch vorsichtiger geworden im Formulieren von Träumen & Visionen. Natürlich, auch ich stecke mir immer wieder neue Ziele und arbeite gerne daran diese zu erreichen und klar, natürlich habe ich auch Träume. Aber ich stecke mir mittlerweile eher kurzfristige Ziele und nur noch solche, welche ich ganz alleine erreichen kann und welche nicht von einer anderen Person abhängig sind. Ich habe zudem auch die Erfahrung gemacht, dass sich Ziele ständig ändern dürfen und dass dies völlig in Ordnung ist. Selbst wenn man sich auf dem Weg zu einem Ziel befindet, darf es sich noch ändern – so wie sich eben auch Interessen ändern. Das hat nichts damit zu tun, dass wir nicht wissen was wir wollen, sondern dass wir einfach in einer Zeit leben, in der wir tausend Möglichkeiten haben und diese auch nutzen dürfen. Das Leben ist eben immer für eine Überraschung gut und wir dürfen diese Überraschungen dankend annehmen.


Früher, Anfang 20, war ich zum Beispiel fest davon überzeugt, dass ich mit 27 einen Mann, ein Haus und 2 Kinder haben werde. Eine Familie zu gründen, dies war damals mein grösster Traum – ein Ziel, welches eben von einer anderen Person abhängig ist.


Mittlerweile, je älter ich werde, desto unsicherer werde ich, ob ich tatsächlich Kinder möchte. Ich liebe Kinder – aber noch mehr liebe ich mich, mein Leben und dass ich damit tun und lassen kann, was ich möchte. Es steht für mich ausser Frage, dass Kinder ein Leben bereichern können. Aber ich bin mir auch sehr bewusst darüber, dass Kinder ein Leben um 180° auf den Kopf stellen und ich weiss nicht, ob ich wirklich bereit dafür bin mein Leben, resp. meine Freiheit dafür „aufzugeben“.  Je mehr Zeit vergeht, desto eher geniesse ich die Freiheit die ich habe. Ich bemerke auch, dass sich Freundinnen in meinem Umfeld, welche noch kinderfrei sind, zunehmend mit diesen Fragen auseinandersetzen.


Allgemein habe ich das Gefühl, dass Frauen in den 30ern einem grossen gesellschaftlichen Druck ausgesetzt sind. In den 30ern müssen wir uns Gedanken darüber machen, ob wir Kinder möchten. Und wenn wir keine Kinder möchten, muss es doch ein Grund dafür geben. Also möchten wir wohl bestimmt lieber Karriere machen? Aber wenn wir auch keine Karriere machen möchten UND keine Kinder möchten – ja was möchten wir dann?! Die Antwort ist ganz einfach: Leben eben!


Ich sage immer, dass ich meine 30er gerne zweimal durchleben möchte – einmal um die Freiheit und Unabhängigkeit zu geniessen, die dieses tolle Alter mit sich bringt. Um jeden Moment genauso zu geniessen wie er ist und sich absolut keine Gedanken machen zu müssen was morgen kommen wird. Und einmal, um sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinander zu setzen, wie eben z.B. ob ich Kinder möchte und um viel Zeit, Nerven und Geduld in die «Suche» nach dem richtigen Vater für meine Kinder zu stecken.


Auch bezüglich Partnersuche hat sich bei mir einiges geändert in den vergangenen 1-2 Jahren. Ich bin zum ersten Mal gerne single. Es wäre gelogen, wenn ich sage «ich liebe es single zu sein», aber ich geniesse auch hier die Freiheit, welche das Singleleben mit sich bringt. Klar, Bindung ist ein menschliches Grundbedürfnis, doch genauso ist es Autonomie. Es ist eben ein schmaler Grat die richtige Balance zwischen Autonomie und Bindung zu finden und je älter ich werde, desto schmaler wird dieser Grat.


Ich bin seit viiiielen Jahren single und mach da auch kein grosses Geheimnis daraus. Ich kann nicht sagen, dass es daran liegt, dass ich nie jemanden kennenlerne. Aber offensichtlich lerne ich nie «den Richtigen» für mich kennen. Mittlerweile frage ich mich manchmal auch… gibt es «den Richtigen» überhaupt? Oder sind meine Ansprüche nach all den Jahren einfach zu gross geworden? Bin ich nicht mehr bereit, Kompromisse einzugehen und ist mein Bedürfnis nach Autonomie zu gross? Gibt es die Liebe auf den ersten Blick? Das fasziniert sein von Anfang an und die Schmetterlingsexplosion im Bauch, so wie damals als Teenie? Oder ist Liebe im Erwachsenen-Alter einfach, eine Person zu mögen, die gleichen Interessen zu teilen, sich wohl bei jemandem zu fühlen und ein gutes Team zu sein? Ist meine Vorstellung von der Liebe falsch und wie viele Formen von Liebe gibt es überhaupt? Wer sagt uns, wie eine Beziehung zu sein hat und ist es falsch, wenn man aus diesem Muster ausbrechen möchte? Fragen über Fragen, doch die eindeutigen Antworten darauf fehlen mir noch.


Auch über das Thema Geld mache ich mir seit Beginn meiner 30er mehr Gedanken denn je. «Man sollte doch so und so viel Erspartes haben mit 30ig, man sollte investieren und und und.» Dabei ist Geld sowieso ein absolutes Tabuthema in der Schweiz – wer weiss also schon, was richtig ist und was falsch? Und ich glaube genau weil Geld in unserer Gesellschaft so ein Tabuthema ist, machen wir uns im Umgang damit oft auch solch einen Druck. Ich selbst bin ständig im Zwiespalt zwischen «ich möchte mein Leben im Jetzt geniessen, ohne auf etwas zu verzichten und mir Gedanken um Geld machen zu müssen» und «ich musst doch sparen für die Zukunft.» Doch wer sagt mir, was die Zukunft bringt und wofür genau ich mein Geld spare? Ich versuche mir zwar selbst zu sagen, dass Geld ein Mittel ist, welches ständig im Fluss sein sollte, es kommt und geht… Doch an der Umsetzung dieser Einstellung zu Geld, muss ich definitiv noch etwas arbeiten!


Allgemein mache ich mir seit Beginn meiner 30er zunehmend Gedanken darüber, was die Gesellschaft von mir verlangt und was ich in meinem Leben wirklich möchte. Die Erwartungen von aussen und meine eigene Realität könnten manchmal nicht gegensätzlicher sein. Dennoch ist es für mich oftmals auch schwierig aus Prägungen auszubrechen und Gesellschaftswerte völlig über Bord zu werfen, was dazu führt, dass ich oftmals in einem inneren Konflikt stehe. Aber über den Gesellschaftsdruck lässt sich wohl ein komplett eigener Blogartikel schreiben…


Das was wirklich im Leben zählt ist wohl, einfach glücklich zu sein – egal ob wir uns in den 20ern, 30ern oder 60ern befinden. Dabei ist Glück etwas sehr Individuelles. Für die einen ist Glück eine Familie zu gründen, für andere ist Glück möglichst viel Geld zu verdienen um finanziell unabhängig zu sein, für nochmals andere bedeutet Glück Freiheit. Für mich persönlich ist Glück, dass ich mit jedem Tag eine neue Chance bekomme, das Beste aus meinem Leben zu machen und unendlich dankbar dafür bin, für das was ich habe.


Um nochmals auf den Anfang zurückzukommen: Ich glaube, dass es normal ist, dass man an manchen Tagen das Gefühl hat, mit beiden Beinen fest im Leben zu stehen und an anderen Tagen sich völlig verloren fühlt. Ich glaube, dieses Gefühl entsteht eben genau dann, wenn wir unser Leben zu sehr lenken möchten und wieder einmal mehr merken müssen, dass die einzige Konstante im Leben ja die uns allen bekannte Veränderung ist. 


So, und genau so chaotisch, wie sich mir die ersten 2 Jahre meiner 30er präsentiert haben, ist nun auch dieser Blogartikel geworden - von allem ein bisschen eben. :-)


Alles Liebe, 

Rahel 







115 Ansichten2 Kommentare

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2 Comments


Unknown member
May 04

Du schreibst mir aus der Seele - bin vor einem Monat 30ig geworden und fühle mich genau gleich wie du zu Themen, Kinder, Gesellschaftsdruck und Finanzen. Dieser Satz gefällt mir besonders gut "Bindung ist ein menschliches Grundbedürfnis, doch genauso ist es Autonomie.". Ich habe mich vor einer Weile für deinen nächsten Event Ende Mai angemeldet zum Thema Intuitive Eating. Finde es wunderschön, was du hier machst und freue mich dich persönlich kennen zu lernen!

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Unknown member
May 07
Replying to

Manchmal tut es einfach gut zu hören, dass man mit seinen Gedanken nicht alleine ist. So geht es auch mir, daher freut mich dein Kommentar umso mehr. Vielen lieben Dank für deine lieben Worte! Ich freue ich mich sehr, dich beim Event im Mai persönlich kennenzulernen! 😊

Alles Liebe, Rahel 💜

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